Das nächste Gewitter begann gleich am nächsten Vormittag auf der 10 stündigen Etappe über die Fraganter Scharte nach Kärnten. In der 7. Etappe verließ ich somit endlich mein Heimatbundesland, das einem sonst immer relativ klein vorkommt, aber zu Fuß ist die Dimension einfach eine andere. Weiter gings über die Saustellscharte und den Ochsentrieb über den Sadnighöhenweg, der übrigens auch sehr empfehlenswert ist! Genauso wie die modernisierte Fraganter Hütte, in der ich das erste Mal auch auf andere Weitwanderer traf.

Das Highlight des Sadnighöhenweges ist der kleine Sadnig (2626m) und große Sadnig (2745m) selber. Über den kleinen Sadnig kann man mit Genuss drüber kraxeln, und beim Abstieg liegen mehrere erfrischende Seen auf über 2500m zum Baden am Weg. In den beiden kommenden Tagen hatte ich meinen größten Tiefpunkt der ganzen Tour, mein 10kg Rucksack fühlte sich an wie 20kg und auch die Schritte im Flachen waren extrem anstrengend, außerdem war es viel zu heiß zum Wandern. Vielleicht wäre ein Pausentag oder ein ganz gemütlicher Tag zu diesem Zeitpunkt nicht die schlechteste Idee gewesen?

Der Abstieg nach Stall zog sich trotz Notbiwak endlos in die Länge, es ging über 2000 Höhenmeter am Stück bergab, danach gings 2h flach dahin und gleich wieder hinauf auf 2400m, aber nicht ohne eine Badepause im wunderschönen Gippersee, der leider ziemlich mit Forstraßen, Jagdhütten, Hochständen und jede Menge Hinweistafeln verschandelt wurde. Obwohl ich an dem Tag schon 1h vor Sonnenaufgang losging, glaubte ich schon fast, die Hugo Gerbers Hütte gar nicht mehr zu erreichen. Kurz vor Sonnenuntergang schaffte ich es aber doch noch. Zum Glück, denn das war der gemütlichste Hüttenabend auf der ganzen Tour. Es war auch die einzige Hütte am ganzen Weg, bei der aufgespielt wurde! Beim Sonnenuntergang und beim Zuhöhren der lustigen und wirklich gut spielenden Musikanten erkannte ich wieder einige bereits bestiegene Gipfel am noch relativ weit entfernten Karnischen Höhenweg an der Grenze von Österreich zu Italien.

Ich erinnerte mich wieder, als wie wenn es letztes Jahr gewesen wäre, an meine dortige erste längere Mehrtagesbergtour überhaupt etwa 8 Jahre zuvor! Auf diesem wundervollen 100km langen Weg kam ich damals auf den Genuss des Weitwanderns 🙂 Seither kam jedes Jahr neben den Wochenendbergtouren mindestens eine längere Bergwanderung mit etwa 100km Länge dazu.

Der Kreuzeckhöhenweg mit dem Hochkreuz (2709m) und den 14 Seen war das nächste Highlight der Tour! Bergseen bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang, perfektes Wetter zum Baden in einer Traumlandschaft mit ständigem Panoramablick!

Mein passender Spruch für diese Tage lautete: Wenn ich so schöne Bergseen seh, brauch ich doch kein Meer mehr! Beim Wandern auf diesem Höhenweg vergaß ich schon wieder all die Strapazen davor, die ich durchlebt hatte, um dorthin zu gelangen, wo ich gerade stand.

Die folgenden 4 Tage waren mit einigen Gewittern elendig schwül und heiß. Es ging lange hinunter nach Greifenburg und gipfellos durch die Gailtaler Alpen und entlang der Gössering bis nach Hermagor, wo ich in der 13. Nacht das erste Mal seit Tourstart im Tal übernachtete, mit dem dazugehörigen Komfort eines Hotels und einem gemütlichem und lustigen Abend, aus dem schlussendlich eine Bierverkostung mit kleiner Kochshow wurde. Diese eine Hotelnacht kostete mehr, als die 12 Nächte davor zusammengerechnet.


Nachdem ich mir Lederschuhcreme besorgt hatte und meine Vollederschuhe endlich einmal eincremen konnte strahlten sie wieder wie neu. Die Hotelübernachtung wurde auch gleich genutzt, um die Ausrüstung wieder auf Vordermann zu bringen. Eine andere Wanderin meinte am nächsten Morgen zu mir: So adrett, wie du aussiehst, würde man ja nie auf die Idee kommen, dass du immer draußen in der Natur schläfst! – Das freute mich natürlich, denn genau das war ja beabsichtigt 😉

Die Gelegenheit, das Bier am nächsten Morgen wieder herauszuschwitzen ließ nicht lange auf sich warten. Bei einer richtigen Hitze schon am Morgen ging es anstrengend über längere Zeit flach an der Gail entlang. Viele Stunden und 1500Hm später ging ich bei Gewitterdonner auf dem sehr einsamen Karnischen Höhenweg hinauf auf den Starhandgipfel. Am nächsten Morgen ging’s schon über die italienische Grenze und bei stundenlangem starkem Dauerregen hinunter nach Tarvisio.

Aber auch der heftigste Dauerregen war nicht mehr so schlimm, hatte ich doch mittlerweile eine nette Begleiterin aus Norddeutschland dabei. Öfters einmal gemeinsam unterwegs zu sein, war zur Abwechslung auch nicht verkehrt. Leider verloren wir uns nach der slowenischen Grenze wieder. Ein Hotel in Tarvisio, eine Pizza und dazu Rotwein, am Abend eine Bar mit Livemusik… was für ein extremer Kontrast zur ruhigen Natur!

Nach nur einer Nacht in Italien gings vorbei an den etwas überlaufenen, aber auch wunderschön gelegenen Weißenfeldner Seen und die Nacht darauf war ich schon im Bergsteigerparadies Slowenien. Wohin geht man auch am Besten im Juli? Na klar, in die Julischen Alpen! Diese waren eigentlich das echte Highlight der Tour!

Einsame, aber wunderbare Wege, manchmal so wie bei uns die verfallenen Jagasteige, nur mit ein paar Steinmandln markiert. Landschaftlich ein Traum, immer wieder schöne Klettersteige, Höhenwege, wahnsinnige Tiefblicke in die Täler, super Ausblicke auf Berge, die oft wie hingestellt oder gemalt wirkten und ein Nationalpark, der nicht wie in Österreich mit Forststraßen und Lifte verschandelt wurde! Ich ging 5 Tage lang fast nur auf Wanderwegen und kam nie zu einer Jagdhütte oder einen Hochstand, einem Skilift oder ähnliches, eben ein echter Nationalpark, wie man sich das vorstellt.

Die Bergtouren waren machmal etwas riskant, es war schon seit Greifenburg täglich ab dem Nachmittag ein Gewitter angesagt, das auch fast immer irgendwann auftauchte. Die Wege zwischen den Hütten waren meist weit, und ich war manchmal bis in den späten Nachmittag auf Klettersteigen unterwegs, bei denen man echt kein Gewitter braucht, schon gar nicht, wenn man den Blitzableiter in der Hand hält 😉 Zum Glück ging sich immer alles perfekt aus, auch wenn ich dadurch öfters etwas Zeitdruck beim Gehen hatte.

Weiter geht’s mit dem vorletzten Teil bis zum Triglav!

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