Wandern mit viel zu wenig Verpflegung, dafür aber mit zu viel vorgenommener Strecke und Notbiwaks im Gewitter – mein intensives Bergerlebnis am Karnischen Höhenweg.
In 4 Tagen entlang der traumhaften Südgrenze Österreichs von Sillian zum Plöckenpass
Mein Erlebnisbericht einer kurzfristigen Alternativbiwaktour nach angesagtem Schlechtwetter mit einigen Gewittern und Notbiwaks, unvorbereitet unterwegs mit viel zu wenig Verpflegung auf einem Traumweg mit genialen Bergpanoramen – Mein kleines Abenteuer am Karnischen Höhenweg (Weg 403 und auch Teil des Südalpen Weitwanderwegs 03 von Bad Radkersburg nach Sillian bzw. in der Verlängerung bis Bozen)
Dies war damals meine erste allein gegangene und für längere Zeit auch meine schönste Mehrtagesbergtour. Auch heute noch, ein gutes Jahrzehnt später, zählt diese Tour noch immer zu meinen erlebnisreichsten und schönsten Bergtouren, an die ich mich gerne zurück erinnere! Damals war ich noch sehr unerfahren und so artete die Tour in ein kleines Abenteuer aus. Dies war eine kurzfristige Alternativtour wegen Schlechtwetter und somit war am Vorabend keine Zeit mehr, die Tour einigermaßen zu planen und ich startete auch alleine los.
Weitwanderwege haben den großen Vorteil, dass man nur einen per Öffis halbwegs erreichbaren Einstiegspunkt finden muss und sich danach meistens nicht mehr um viel kümmern braucht. Die Wanderwege sind meist gut beschildert und spätestens nach einer Tagesetappe kommt auch wieder eine Hütte und die Landschaft ist meist wunderschön. Das waren ideale Voraussetzungen, auch ohne Planung die Tour zu gehen. Zur Orientierung hatte ich nur am Smartphone eine halbwegs brauchbare Karte ohne GPS Track, das war die komplette Vorbereitung für die Tour. Ich wusste also nicht, was mich erwartet, war allerdings von den vorab gesehenen Bildern dieses Weges begeistert!
Allerdings hatte ich nur 4 Tage Zeit und musste etwa Mittag am vierten Tag am Plöckenpass stehen, um wieder rechtzeitig daheim zu sein. Also hatte ich nur 3 x 24h (Mittag Tag 1 bis Mittag Tag 4) für 4 angegebene Tagesetappen mit gesamt fast 100km und 33h reiner Gehzeit, also rechnerisch ergibt das 11h Gehzeit pro 24h, aber das wusste ich beim Start noch nicht...
Der Wetterbericht war in den kommenden Tagen für ganz Österreich extrem gewittrig angesagt, nur an der Südgrenze sollte es trocken bleiben. Bei der Tourenplanung am Vorabend fand ich den Weg entlang des Karnischen Kamms, der immer entlang der Osttiroler und später Kärntner Grenze zu Italien verläuft. Der Weg heißt passenderweise auch Südalpenpanoramaweg, ist gesamt gute 660km lang und wird von den 9 bekannten Weitwanderwegen in Österreich oft als der Schönste beschrieben. Nachdem der Weg zu großen Teilen wirklich oben am Kamm entlanggeht, ist das Rundumpanorama bei guter Sicht auch wirklich traumhaft schön.
Schon die 5h lange Zuganfahrt über Spittal und Lienz zum letzten Bahnhof vor der italienischen Grenze war etwas abenteuerlich und auch der Kärntner Humor kam dabei nicht zu kurz. So erzählte mir im Zug ein Kärntner ausführlich und im besten Kärtner Dialekt, wie von seinem Birnbaum auch noch die letzte Birne vorzeitig vom Wind heruntergeweht wurde. Und der Schaffner meinte zu ein paar Fahrradfahrern, angesprochen auf die niedrige Fahrgeschwindigkeit des Zuges: Ihr hobt’s eh a Radl dabei, wenn’s schnell wohin wollt’s, müsst scho mitn Radl fahren 🙂
Auf dem Zustieg von Sillian bis zur Sillianer Hütte geht es einige Zeit durch einen schönen Bergwald.
Oben am Kamm nach 1350hm angekommen erwartet einem auf 2450m gleich ein Traumpanorama, die Sicht auf die Sextener Dolomiten mit ihren 3000ern wird frei! Die drei Zinnen stehen etwa 10 Kilometer entfernt im Süden und diese Aussicht hat man noch den ganzen Tag.
Nach Norden blickt man ständig auf die Hohen Tauern, auch wenn diese schon etwas weiter entfernt stehen.
Durch die geniale Aussicht war ich gut motiviert und so schaffte ich gleich trotz langer Anfahrt eine ganze Tagesetappe noch am ersten Tag. In Sillian kam ich erst gegen Mittag an, trotzdem kommt man bei einem flotten Gehtempo am ersten Tag schon bis zur Obstanserseehütte. (8:45h angegebene Gehzeit, 15km und knapp 2000Hm Anstieg, 700Hm Abstieg)
Auf dem Weg dorthin kommt man am Grat immer wieder an verfallenen Stellungen aus dem 1. Weltkrieg vorbei. Unglaublich, dass in einer so schönen Gegend damals wie wild herumgeschossen wurde!
Der Weg geht immer wieder direkt am Grat entlang und somit hat man am ganzen Weg immer wieder einige Gipfeln dabei. Der höchste des ersten Tages war der Eisenreich mit 2665m mit einem künstlerisch durchaus wertvollen Gipfelkreuz 😉
Noch vor dem Frühstück war ich nach einem Biwak und einer sehr gemütlichen und fast sternenklaren Nacht direkt am Grat gleich nach Sonnenaufgang schon auf der Pfannspitze auf 2678m. Unter mir war die italienische Seite mit einer Wolkendecke zugedeckt, was wunderschön aussah.
Den Gipfel hatte ich völlig alleine zum Genießen bei dieser Traumaussicht! In den vier Tagen war außer jeweils in Hüttennähe kaum jemand unterwegs, was wahrscheinlich auch an der schlechten Wettervorhersage lag.
Den großen Kinigat (die Wand rechts) habe ich durch das steile Schotterfeld umgangen, dort geht nur ein Klettersteig hinauf und den wollte ich mit meinem schweren Rucksack und ohne passende Ausrüstung nicht klettern (Schwierigkeit D).
Nach einem langen bergauf und bergab war am frühen Nachmittag bereits eine weitere ganze Tagesetappe mit angegebenen 8:30h Gehzeit geschafft, die Porzehütte auf 1.942 m war erreicht. Nach einer Mittagspause schien das Wetter weiterhin stabil zu bleiben und so startete ich gleich weiter zur nächsten Tagesetappe. Am Nachmittagsprogramm standen nochmals knapp 20km mit angegebenen 8:45h Gehzeit und 1500Hm im Auf- als auch im Abstieg, aber das wusste ich ohne Planung sowieso nicht…
Allerdings wusste ich vom Hüttenwirt, dass es irgendwo auf halber Strecke einen 500hm Abstieg zu einem kleinen Biwakhütterl gibt. Mein Plan war es, bei stabilem Wetter irgendwo direkt am Grat zu übernachten, bzw. alternativ zum Biwak abzusteigen. Trotzdem hoffte ich, dass ich an dem Tag noch das Hochweißsteinhaus erreichen könnte, was im Nachhinein betrachtet auch ohne die 2h Umweg zum Biwak mit angegebenen 15h Tagesgehzeit und schwerem Rucksack natürlich mehr als unrealistisch war 😉
Nachdem ich damals noch sehr unerfahren war, was die Verpflegung betraf, hatte ich mich ziemlich verschätzt und viel zu wenig zum Essen dabei. In den 4 Tagen konnte ich auch nur dreimal einkehren, meine gesamten Vorräte waren bereits am zweiten Nachmittag aufgebraucht.
Ab jetzt begann erst das richtige Abenteuer, in den folgenden 24h sollte ich ohne Essen auskommen müssen und es zog auch schon langsam das erste von zwei heftigen Gewittern auf, aber das wusste ich alles zum Glück zu diesem Zeitpunkt noch nicht und machte mich am frühen Nachmittag fröhlich auf den Weg zum noch gut 8 Stunden entfernten Hochweißsteinhaus, das ich an diesem Tag aber nicht mehr erreichten konnte…