Wieso auch nicht, wenn’s a Gaudi is?
- Start und Ziel in Haid, bei gutem Wetter am Tag und etwas Regen in der Nacht
- 600km / 6,291 Hm in ~18:23h netto mit 32,1 km/h Schnitt
- Bruttozeit 20:57h
- Verbrauchte Kalorien: Etwa ~12000 kcal ohne Grundumsatz, ein gutes 3/4kg Körperfett ging mir nach einer Woche mit großem Fetthunger immer noch ab.
Nachdem die 400km die Woche davor (siehe Bericht) wesentlich besser als geplant abgelaufen waren, war ich auf den 600er schon sehr gespannt. Am Plan stand immerhin, die längste jemals von mir gefahrene Distanz mit möglichst wenig Pausen praktisch nonstop in weniger als 24h durchzufahren und das bei recht unsicheren Wetteraussichten und keiner Vorstellung davon, wie der Körper wohl darauf reagiert, vor allem, wenn man so lange bis auf eine Portion Spaghetti nur Riegeln und jede Menge Gels isst.
600km mit 6000 Höhenmetern – das klingt nach jeder Menge Radlspaß durch schöne Gegenden Österreichs und diese waren reichlich vorhanden:
Mit 68 weiteren Radsportverrückten, ging’s von Haid kurz entlang des Traunradwegs zur Donau und entlang der Gusen ins sehr hügelige Mühlviertel. Eine schöne Gegend zum Rennradeln, kleine Straßen und kaum Verkehr. Weiter ging’s entlang der tschechischen Grenze ins Waldviertel und vorbei an den nördlichsten Ortschaften Österreichs.
Bei km 147 war ein Spaghettistop organisiert, vielen lieben Dank dafür! Wir waren auch schon einige Höhenmeter geradelt, seit der Donauüberquerung fuhren wir kaum mehr auf flachen Strecken. Vom Gefühl her war ich aber erst gerade losgefahren.
Weiter fuhren wir quer durchs Waldviertel von Nord nach Süd, also vorbei an Tulln und wieder über die Donau weiter in die Steiermark. Nach Michelndorf bei km 317 wurden unsere Rucksäcke mit weiteren Müsliriegeln und warmen Sachen für die Nacht geliefert, danke für diesen Service! An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Edith, Ferdinand und allen anderen Helfern, die Brevets sind wirklich gut organisiert und es ist eine Freude bei euch mitfahren zu dürfen! Ich kann die Brevets nur weiterempfehlen!
Nach einer kurzen Pause fuhren wir dann auch schon wieder weiter, schön langsam wurde es auch dämmrig und wir kamen an der Kalten Kuchl vorbei, die zumindest den ersten Namensteil nicht ganz umsonst trägt. Von den vielen gestarteten Teilnehmern waren wir mittlerweile auf eine gemütliche 6er Spitzengruppe geschrumpft. Schön langsam brach die Nacht herein, aber es stand noch eine der anstrengendsten Zwischenetappen bis Mariazell am Plan. Die Gegend kannte ich noch nicht, es war kalt, finster und es ging ständig bergauf. Das ist irgendwie schwierig zu fahren, wenn man keine Ahnung hat, wie lange der Anstieg wohl noch dauert und man nur 50m voraus sieht und das mit doch schon einigen Kilometern in den Beinen. Noch dazu fing es dann auch noch zu regnen an. Zu unserem Glück zogen die Wolken aber scheinbar vor uns her, denn später war oft die Straße noch richtig nass, aber von oben kam zum Glück nichts mehr.
Bei km ~415 haben wir richtig durchgefroren endlich das schön beleuchtete Mariazell erreicht, von dort an ging es dann mehr als 100km hauptsächlich leicht bergab der Salza entlang. Eine sehr schöne und einsame Gegend, auch zum Raften, was ich ein paar Wochen vorher dort ausprobiert habe. Dort gibt es kaum Lichtverschmutzung, was in Österreich leider schon sehr selten geworden ist. Nach 550km waren nach Reichraming noch die letzten paar Hundert Höhenmeter zu fahren, diese taten auch nicht mehr weh, irgendwie hatte ich schon in den letzten Stunden seit Wildalpen das Gefühl, schon angekommen zu sein.
Unsere 6er Gruppe harmonierte sehr gut und so fuhren wir auch auf den letzten 150km noch immer über einen 32er Schnitt durch die Nacht. Wie kaputt ich wirklich war, bemerkte ich erst, als wir kurz vor 4 Uhr morgens in Haid ankamen, das Absteigen und Gehen war irgendwie anstrengender als das Dahinradeln. Die 600km waren interessanterweise sehr entspannt zu fahren. Wir drückten öfters ganz gut aufs Tempo, es kam aber nie ein Einbruch, zwar kam des öfteren ein richtiger Hunger, nach etwas Gel und einem Riegel war das jedoch immer wieder erledigt.
Nach 90min Schlafpause war ich wieder ziemlich fit und es ging nochmals 10km nach Pasching und dann mit der Sbahn heim.
Dieser Brevet war wieder sehr gut organisiert und es hat richtig Spaß gemacht, auch wenn das bei der Distanz vielleicht etwas komisch klingt… aber ich hatte selten so eine Freude beim Radeln wie an diesem Tag! Irgendwann kommt man in den Zustand der kompletten Entspanntheit, es gibt nur mehr einem Selbst im Jetzt, verschmolzen mit dem Radl und der Strecke, lange Zeit kam kein einziger Gedanke mehr auf und das Zeitgefühl war auch weg.
Wie hat ein Teilnehmer so schön bemerkt: Brevet fahren is eh nur dahin radeln und zuschauen, wie die Landschaft vorbeizieht …
Daher steht das nächste Langstreckenabenteuer auch schon an, mal schauen, was diesmal so alles vorbeizieht…