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Im Zimmer angekommen und ins Bett gelegt fielen wir beide gefühlt innerhalb von Sekunden in den Schlaf. Fahrend am Rad war ich überhaupt nicht müde, doch das änderte sich gleich nach dem absteigen. Uns war beiden mit unseren körperlichen Problemen nicht klar, ob wir nach dem Schläfchen auch wieder weiterfahren würden, oder ob wir die Tour nicht abbrechen müssten. Mein Gedanke war nur: Entweder brechen wir beide ab, oder wir ziehen das jetzt gemeinsam durch.

Irgendwann um 7 wollten wir aufstehen, blieben allerdings noch 2h länger liegen, zumindest knapp 6h Schlaf taten wirklich gut. Meine Knie waren wieder einigermaßen OK, zumindest solange ich noch nicht am Rad saß… Von einem Sessel aufstehen tat allerdings ordentlich weh.

Welche gemütliche Runde stand am heutigen Programm? Achja, die Soboth stand ja vor der Tür! Direkt ohne Warmfahren ging’s nämlich vom Hüttenwirt in Lavamünd direkt steil bergauf. 1000Hm mit 17% Rampen und auch die “Flachstücke” haben über 10%. Meine Knie machten nicht einmal die Hälfte davon mit, danach taten sie so weh, dass ich einfach nicht mehr fahren konnte. Absteigen und hinauf schieben schmerzte allerdings gar nicht, also schob ich die letzten paar Kilometer barfuß hinauf…

Schon fast vergessene Erinnerungen wurde wieder wach, an den Beginn meiner Rennradzeit, mit auch damals völlig veralteter 53/42er Kurbel und 6-fach Schaltung, damals schob ich auch öfters einmal irgendwo hinauf…

Auch nach der Soboth taten mir beide Knie richtig weh, bis nach Kaindorf bei km 680 eierten wir beide eigentlich nur noch herum. Bei mir kamen noch immer stärker werdende Genickschmerzen dazu, ich konnte kaum noch voraus schauen. Dank Max vorausschauender Fahrweise konnte ich zumindest im Windschatten das Genick recht gut entlasten und schaute meist nicht weiter als bis zu seiner Hinterradnabe auf.

Wie ich so die restlichen paar Hundert Kilometer noch überstehen sollte? Ehrlich gesagt, ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung. Aufgeben, solange es noch irgendwie lief kam allerdings auch nicht in Frage 😉

Interessanterweise gab es dazwischen immer wieder einmal fast schmerzfreie Phasen, in der ich auch wieder ein normales Tempo fahren konnte. Allerdings war 30min später schon wieder jede Kurbelumdrehung eine Qual. Schon sehr seltsam!
Das war auch ein Grund trotz Schmerzen auch mit mehreren Schmerztabletten weiterzufahren. Ich befürchtete keine Schäden im Knie, weil ich auch so immer wieder schmerzfreie Phasen hatte.

Scheinbar endlos geht’s durch die Südsteiermark…
Die Riegersburg ist zu sehen, d.h. es nicht mehr weit nach Kaindorf!

In der Kontrolle in Kaindorf machten wir eine knappe Stunde Pause. Wir nutzten die Schlafgelegenheit dort allerdings nicht, sondern wollten noch 80km weiter über den Wechsel und Gloggnitz nach Reichenau an der Rax fahren und dort nächtigen.
Die Pause tat mir sehr gut, bis ganz kurz vorm Tagesziel tat plötzlich nichts mehr weh und wir kamen mit super Tempo voran, schon wieder sehr komisch, den ganzen Tag ging es gerade einmal so irgendwie voran und plötzlich lief es wieder, als wenn wir gerade weggefahren wären.

Noch beim Bergauffahren am Wechsel sahen wir einen wunderbaren Sonnenuntergang.

Die lange Bergabstrecke vom Wechsel machte richtig Spaß zum hinunter heizen, nie steil und breite Straßen. Wir kamen gegen 23 Uhr in der Kontrollstelle im Gasthof Kobald bei km 765 an, gerade noch rechtzeitig für ein gemütliches Bierchen.

Falls es etwas besser gelaufen wäre, hätten wir sicherlich probiert, den Brevet gleich ohne Schlaf fertig zu fahren, 240km trennten uns noch vom Ziel, es war eine schöne Nacht und müde war ich eigentlich auch nicht. Zumindest so lange ich noch kein Bett aus der Nähe sah 😉

Nach einer recht erholsamen Nacht und reichlich Frühstück ging’s recht bald wieder weiter, vorerst bis Mariazell wieder mit gutem Tempo…

Noch geht’s flott nach Mariazell

Manchmal war ich selber etwas überrascht, als ich auf meine Leistungsdaten blickte, öfters standen auf flacher Strecke ~220W und >40km/h am Tacho. Ich musste mich immer wieder selber einbremsen, bis auf’s sitzen tat nichts weh, es war ein schönes Wetter, noch 200km zum Fahren. Was kann da noch schiefgehen?

The long and winding road…

Leider jede Menge, wie sich herausstellte! Auf der flachen Strecke zwischen Gußwerk und Ennstal mit den wenigen Gegenanstiegen könnte man es eigentlich richtig rollen lassen, doch der Körper weigerte sich wieder einmal… plötzlich tat wieder alles weh, jeder kleine Gegenanstieg war fast unfahrbar und die 200km ins Ziel wurden irgendwie nicht weniger.

Wirklich elendig, wenn Radfahren immer so wäre, würde ich nie wieder radeln wollen 😉

Endlich in Wildalpen! Nur noch ~160km!

Manchmal halfen kurze Pausen, oder ein Stopp auf ein Eis in Wildalpen, manchmal half allerdings auch ein Stopp nicht mehr.

Die Steigung bei Aschach an der Steyr konnte ich nur noch schiebend bewältigen und irgendwann eierten wir dann doch noch in unter 60 Stunden ins Ziel…

Das Sitzen auf den letzten 200km war fast nicht mehr möglich, musste ich aufstehen, brauchte ich eine Minute, bis ich wieder eine halbwegs erträgliche Position zum Treten gefunden hatte… gut, dass auf den Strecken kaum wer unterwegs war, der mir beim Fahren zuschauen konnte 😉

Durch die vielen Aufgaben der anderen Teilnehmer rollten wir doch noch als Zweite ins Ziel, schneller war nur Markus, der die Strecke alleine ohne Schlaf durch gefahren war und gute 7h vor uns ins Ziel kam.

Erst im Ziel bemerkten wir, dass wir eigentlich sehr wenig gegessen hatten. Am ersten Tag an den Labestellen gab es Kuchen, Brote und Suppe und am Abend in Spittal Nudeln. Den 2. und 3. Tag hatten wir 2x Frühstück, 2 mal eine Fritattensuppe und einmal einen Nudelteller + 3x ein Stück Kuchen, 3 Eisschlecker und das eine oder andere Bier… dazu auf der ganzen Fahrt ~6 Müsliriegeln und ein paar Gels. Für 3 Tage und 1000km eigentlich nicht allzu viel. Soviel esse ich an 3 normalen Arbeitstagen eigentlich auch.

Endlich im Ziel! 1008km und 11500Hm sind geschafft!

Dass wir es mit diesen Problemen überhaupt ins Ziel geschafft haben war die Leistung an sich… schmerzfrei und ohne Probleme kann fast jeder 1000km fahren 😉
Dafür hatte ich mir für fast 4 Wochen Knieweh eingehandelt und auch danach immer noch keine Ahnung von was diese eigentlich herrührten…

Vielen Dank für die wieder einmal perfekte Organisation und einen besonders lieben Dank an meinen Freund Max fürs begleiten und motivieren! Ohne deine Begleitung hätte ich wahrscheinlich vorzeitig aufgegeben…

Tourdaten:

Durchschnittstempo26.8km/h max 92.2km/h
Verbrauchte kcal ohne Grundumsatz16,597
Gesamtzeit unterwegs59:43h
Zeit in Bewegung37:28h
Höhenmeter~11500
Weighted Average Power147 W

Fahrt auf Strava: https://www.strava.com/activities/3823055448

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